Warum „rechter Humor“ immer nach hinten losgeht 

Warum „rechter Humor“ immer nach hinten losgeht 

15. November 2020

Kolumne von Lamya Kaddor

Es ist ein Trauerspiel mit den Scherzen von konservativen Spaßmacher*innen in Deutschland. Donnerstagabend blamierte sich in der ARD der Kabarettist Dieter Nuhr so sehr mit vermeintlich schelmischen Bemerkungen zum Buch „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen – aber wissen sollten“ von Alice Hasters, dass er am nächsten Tag versuchte, die Scherben via erklärendem Facebook-Posting wieder aufzufegen.

Warum können konservative Kabarettist*innen nicht lustig sein? 

Weil sie nicht innovativ sind. Weil ihnen Inspiration fehlt. Weil ihnen nichts Neues einfällt. Ihr Stilmittel ist die Kopie allein. Sie drehen das, was von linken Kolleg*innen kommt, in ihrem Sinne um, ersetzen deren zentrale Gestalten und Gedankengänge durch jene, über die sie sich im eigenen Alltag oft ärgern und von denen sie sich kritisiert fühlen. Letztlich geht es ihnen somit um Rache. 

Deshalb sind ihre Programme auch oft gespickt mit plumpen Provokationen, stets abgeleitet, oder besser abgedroschen von Politischer Korrektheit. Gegen das politisch Korrekte, das zumeist von Linken unterstützt wird, zu verstoßen, so besagt es die „Theorie des rechten Humors“, ist per se lustig. 

Ist es aber nicht. Der Kardinalfehler besteht darin, dass Konservative sich vor diesem Hintergrund über diskriminierte Gruppen amüsieren, die um Gleichberechtigung kämpfen müssen. Volker Pispers knöpft sich Donald Trump vor, Dieter Nuhr eine schwarze Autorin, die in ihrer Kindheit in Deutschland Rassismus und Erniedrigung erfahren hat. Carolin Kebekus macht Späße auf Kosten von Parteichefs wie Alexander Gauland, Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer auf Kosten von intergeschlechtlichen Menschen. 

Es ist wie bei Karikaturen, gelungen sind sie, wenn sie die Mächtigen treffen. Weist man konservative Spaßvögel darauf hin, werden sie prompt bierernst, sind beleidigt und fühlen sich falsch verstanden.

Ob Dieter Nuhr, Lisa Eckhart, Uwe Steimle – sie fallen auf, weil sie Spitzen gegen Minderheiten, die schon lange benachteiligt sind, abfeuern, und den meisten Applaus von solchen Menschen bekommen, denen diese Minderheiten zumindest suspekt sind. Tun sie das etwa, weil diese Minderheiten nach konservativer Auffassung weiterhin benachteiligt sein sollen? So wie früher? Als alles noch besser war? Als man ruhigen Gewissens Spritschleudern fahren, ungehemmt Fleisch essen, in Restaurants rauchen und sich frei von der Leber weg Türkenwitze ohne lästige Widersprüche erzählen konnte? 

Konservative wollen Altes bewahren. Deshalb stehen sie dem Fortschritt, getrieben bekanntlich durch Wissenschaft und Drang nach Neuem, oft skeptisch gegenüber. Dadurch öffnen sie links ihre Flanke. 

Da viele Menschen und viele Amtsträger*innen heute meist eher konservativ sind, ist linkes Kabarett so erfolgreich, und rechtes kaum existent. Oder kennen Sie vielleicht wirklich lustige, rechte Kabarettisten?

Foto: FH Münster

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