07. September 2021
Heute waren wir am frühen Morgen bereits im südlichen Kanalausgang.
Ein Blick auf die Tankanzeige bei Wachübernahme bestätigte die vor der Abfahrt gemachten Berechnungen – wir müssen einen Tankstopp einlegen.
Für diesen hatte Juan, der Kapitän, Guernsey auserkoren, auf das wir nun bei bestem Wetter Kurs nahmen.
Felix, unser Erster Offizier, hatte die nötigen Zoll und Corona betreffenden Formalitäten schon weit im Voraus erledigt.
Wir konnten direkt am Fuße eines Versorgungskais anlegen, die mächtige Mauer ragte einige Meter über das Boot hinaus.
Die Unterschiede der Wasserstände bei Ebbe und Flut lagen heute bei 7 Metern, was ein Festmachen des Schiffes zu einer Daueraufgabe werden lässt, da man die Leinen immer wieder festziehen oder lockern muss, damit das Schiff nicht anfängt schief zu hängen oder sich in Richtung See selbstständig macht.
Nachdem die Tankverbindung stand, flossen 6400 Liter Kraftstoff in das Boot.
Eine der edelsten Aufgaben für ein Mitglied der Besatzung ist ist es nun, mit einem Feuerlöscher bewaffnet am Tankstutzen zu stehen und aufzupassen, daß nichts überläuft oder Feuer fängt.
Anfangs wachte ich noch ziemlich allein, da jeder etwas zu tun hatte.
Später gesellte sich Felix dazu.
Sichtlich beschwingt darüber, daß es mit der Bürokratie keine Probleme gab, kamen wir ins Gespräch.
Bislang kannten wir uns hauptsächlich von den Wachübergaben, die sind weniger persönlich, aber in solchen Momenten, in denen man fast meditativ einen Schlauch anstarrt, kann man auch mal längere Gespräche führen.
Wie im Rauchereck, nur ohne Zigaretten.
Und so erfuhr ich zu meiner Überraschung, daß er nach seinem Abitur in Stuttgart eigentlich Uhrmacher gelernt hatte.
Als seit seinem 10. Lebensjahr begeisterter Segler, wurde er auf die Situation Geflüchteter im Mittelmeer aufmerksam, fragte sich, ob er sich engagieren könnte, kam über Freunde mit ,,Mission Lifeline‘‘ in Kontakt, fing an sich einzubringen und war nun einer der Projektleiter, die den Umbau des Schiffes leiteten.
Ein lauter Ruf aus dem Tankraum zeigte an, daß die Tanks nun gut gefüllt waren.
Also wieder an die Arbeit, vorsichtig die Tankverbindung lösen, das um den Einfüllstutzen gelegte saugfähige Material aufräumen, die Festmacherleinen lösen, ablegen und in Richtung Biskaya auslaufen.
Auf diesem Kurs befinden wir uns immer noch und ich bin gespannt, wie das Schiff (und wir als Besatzung) die nächsten Tage die etwas raueren Bedingungen der Biskaya verträgt.
Fotos: Leon Salner