11. Juni 2021
Gedicht von Thomas Gsella
An keinem anderen Ort manifestiert sich das gegenseitige Misstrauen zwischen der Türkei und Griechenland derzeit so sichtbar wie an der Landgrenze zwischen den beiden Staaten entlang des Flusses Evros. Dort hatten sich im Frühjahr 2020 auf türkischer Seite Zehntausende Menschen versammelt, nachdem Präsident Erdogan verkündet hatte, die Grenze zur Europäischen Union sei für Migranten offen. Jene, die versuchten, die Grenze zu überqueren, wurden von griechischen Sicherheitskräften teilweise brutal zurückgedrängt und mit Tränengas beschossen. Mit Unterstützung der EU baut Griechenland nun die Grenze am Evros zur Hightech-Festung aus. Entlang einer 27 km langen Stahlmauer rüstet der Grenzschutz massiv mit Überwachungs- und Abwehrsystemen auf. Neuestes Spielzeug der „Festung Europa“ – Bewacher sind Hightech-Folterwerkzeuge. Schallkanonen, auf gepanzerte Fahrzeuge montiert, senden extrem laute Geräusche zielgerichtet gegen Menschen auf der Flucht aus. Die Lärmsalven solcher „Long Range Acoustic Devices“ können körperliche Schmerzen, Panik und Schockzustände auslösen. Für eine EU, die sich über Menschenrechtsverletzungen ausserhalb ihres eigenen Verantwortungsbereiches oft empört, sind Foltermethoden offenbar dann in Ordnung, wenn sie Flüchtlinge effizient davon abbringen, Europa zu erreichen.
Foto: Tom Hinter