13. September 2021
Lange Überfahrten bergen immer phasenweise das Potential großer Lageweile.
Meist sind ruhige Tage mit halbschlechtem Wetter verbunden, ein typisches grau in grau, leichtem Nieselregen, das einem auch ein wenig den Spaß nimmt, sich draußen das Meer anzusehen und wenig sonstigem Verkehr um einen herum.
Heute Morgen um 04:00 war dagegen noch einiges geboten.
Wir durchquerten die Straße von Gibraltar, mussten viel Verkehr ausweichen, uns langfristige Pläne machen und diese immer wieder anpassen, um nicht aus dem Verkehrsstrom zu fliegen oder Vorfahrtsrechte zu verletzen und nebenbei konnten wir über Funk verfolgen, wie sich die Britische Marine mit der Spanischen Küstenwache uneins darüber war, wo wessen Hoheitsgewässer anfangen.
Ich ging nach meinen vier Stunden Wache wieder in die Koje.
Als ich gegen Mittag wieder auf der Brücke erschien, waren lediglich drei weitere Schiffe auf dem Radar angezeigt, der Himmel bewölkt und der Wind leicht unangenehm.
Jeder hatte sich ins Schiffsinnere zurückgezogen und versuchte mit der Ereignislosigkeit auf seine Weise umzugehen.
Felix spielte ein wenig auf einer Ukulele, Clara kämpfte sich weiter durch ihr einziges Buch, das sie mitgenommen hatte, ihr aber bislang wegen seiner Langatmigkeit keine große Freude bereitet hatte und Christian, Paul, Leon und Jim versuchten bei einem Würfelspiel die Zeit totzuschlagen.
Mein Favorit sind Hörbücher, die ich mir vor Fahrten, die lange dauern oder auf denen ich viel Ausguck gehen muss, gigabyteweise mitnehme.
Jeder hat da so seine Strategien, die funktionieren, zumal die Internetverbindung meist weg ist.
Gleich werde ich meine Wache übernehmen, wahrscheinlich wird auf dieser auch nicht viel passieren, aber man weiß ja nie…
Fotos: Leon Salner