Unsere Gäste befanden sich bereits seit dem 21. Dezember auf der RISE ABOVE. Im Laufe dieses Tages konnte unsere Crew insgesamt vier Boote in Seenot stabilisieren und die Menschen mit Rettungswesten und Trinkwasser versorgen. Die ersten beiden Boote wurden in die Obhut der italienischen Küstenwache übergeben. Die mehr als 80 Personen auf zwei weiteren seeuntüchtigen Booten wurden an Bord unseres Schiffes genommen. Die Hälfte unserer Gäste waren Minderjährige, der Großteil von ihnen unbegleitet.
Zwei Menschen mussten umgehend notevakuiert werden. Erstaunlich schnell wurde uns Roccella Ionica als Sicherer Hafen zugewiesen. Ein Hafen, der mehr als eine Tagesfahrt von unserer derzeitigen Position entfernt lag. Auch auf Nachfrage wurde uns kein Hafen in kürzerer Distanz zugewiesen. Schon jetzt scheinen sich unsere Befürchtungen, dass man gezielt Rettungskapazitäten aus Suchgebieten abzieht, zu bewahrheiten. Die lange Fahrt in den Sicheren Hafen verhindert nicht nur, dass wir zeitnah wieder zu neuen Rettungsmissionen aufbrechen können, sondern erhöht auch unseren Spritverbrauch und damit die Kosten eines Einsatzes drastisch.
Ganz besonders hoch sind die Belastungen für Crew und Gäste. Durch schlechtes Wetter und hohe Wellen verschlechterte sich die Situation unserer Gäste an Bord zusehends. Viele wurden seekrank. Unsere Crew tat ihr Bestes, um die Situation für die vielen Kinder und Erwachsenen erträglicher zu gestalten. Nachdem wir bereits Kurs auf Roccella Ionica genommen hatten, erhielten wir in der Nacht die Anweisung, stattdessen das noch weitere entferntere Taranto anzufahren. Alle Versuche, doch einen näheren Hafen zugewiesen zu bekommen, scheiterten.
Nach mehreren Tagen Fahrt erreichten wir in der Nacht zu Heiligabend endlich den Hafen in Taranto. Auf Anweisung der Behörden mussten wir bis zum Morgen auf See warten, bevor wir in den Hafen einlaufen durften. Dann, am Weihnachtstag, konnten unsere Gäste endlich sicher an Land gehen.
Wir sind froh, dass alle unsere Gäste schließlich sicher von Bord gehen konnten und wünschen ihnen alles Gute! Auch wenn die italienische Regierung versucht, unsere Einsätze weiter einzuschränken, werden wir uns davon nicht abbringen lassen: Wir retten Menschen, weil jedes Leben zählt!
Fotos: Johannes Räbel