29. Mai 2022
Eine Aufnahmezusage erfolgt nicht automatisch, die Ortskräfte müssen sich „bewerben“. Sie müssen Gefährdungsanzeigen erstatten, die Kriterien, nach denen entschieden wird, sind nicht transparent.
Auf ihre Hilfeersuchen bekommen Ortskräfte entweder keine Antworten oder Ablehnungen. Individuelle Prüfungen finden offenbar kaum statt. Generell wird Verfolgung in Afghanistan geleugnet oder anderen Ursachen als dem Arbeitsverhältnis zugeschrieben.
Gegenüber der Öffentlichkeit sprechen die Verantwortlichen immer von „Bemühungen“, Menschen zu retten. Das gilt nur für die wenigen Ortskräfte, die eine Aufnahmezusage haben. Alle anderen werden mutwillig den Taliban überlassen.
Ohne Anwältin oder Anwalt haben Ortskräfte kaum eine Chance, eine Aufnahmezusage zu erhalten. Für fast alle ca. 35000 Betroffenen, die noch keine Aufnahmezusage haben, ist es schlicht nicht möglich, anwaltliche Vertretung zu erhalten. Selbst Anwält*innen haben es schwer: ihre Anträge werden vielfach abgewiesen.
Mit der sogenannten Kernfamilien-Regel sorgt die Regierung dafür, dass nur im Ausnahmefall erwachsene Verwandte Aufnahmezusagen erhalten, obwohl diese ebenso verfolgt werden. Ortskräfte möchte man offenbar dazu bewegen, doch in Afghanistan zu bleiben. [Reist eine anerkannte #Ortskraft nach Deutschland ein, so darf sie nur über ein Familiennachzugsverfahren die Kernfamilie nachholen. Darauf warten die Menschen jahrelang, trotz akuter Bedrohung. Familienmitglieder, die nicht zur Kernfamilie gehören, sind praktisch verloren.]
Nach wie vor sind die Ortskräfte dazu verpflichtet, sich mit ihrer „Bewerbung“ zunächst an den Arbeitgeber zu wenden. Diese sind oftmals nicht in der Lage oder auch oft nicht willens, die „Bewerbungen“ bei den zuständigen Ministerien einzureichen. Zwischen den Ministerien werden zudem unterschiedliche Regeln der Anerkennung angewendet. Ortskräfte, deren Tätigkeit vor 2013 endete, werden generell abgelehnt – trotz Verfolgung.
Die Bundesregierung verkündet in regelmäßigen Abständen, wieviel Ortskräfte (einschl. Angehörige) evakuiert wurden. Dabei wird immer verschwiegen, wieviel Menschen überhaupt für deutsche Institutionen gearbeitet haben. Nur ein Bruchteil der Ortskräfte erhielt bisher Aufnahmezusagen.
Systematisch wird Ortskräften zudem die Gefährdung abgesprochen. Dass diese Aussagen z.B. des Entwicklungsministeriums nicht stimmen, haben wir schon öfter nachgewiesen. Auch hier eine Quelle für die Gefahr: https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/afghanistan-deutschlands-helfer-in-lebensgefahr,T61CvtO
Wir waren in Afghanistan und haben mit Schutzsuchenden gesprochen, die sich vor den Taliban mühsam verstecken. Die Bundesregierung zählt offenbar darauf, dass das Thema weiter aus der Öffentlichkeit verschwindet & die Taliban das „Problem“ erledigen. AFGHAN LIVES MATTER
Foto: Philipp Breu