24. Juli 2022
Nach anstrengenden Werftmonaten wird die RISE ABOVE Ende Juni von Spanien nach Sizilien überführt, um am 16.7. um 11:30 Uhr von Licata aus ins maltesische Such und Rettungsgebiet auszulaufen. Dem Einsatz vorangegangen sind umfangreiche Trainings für die Missions-Crew, die bei jedem unserer Einsätze zwingend zu absolvieren sind.
Etwa 20 Stunden nach Start unserer Mission trifft die Crew der Rise Above bereits auf ein mit 30 Personen stark überfülltes sehr kleines Holzboot, ein weiteres kommt später hinzu. Unter den flüchtenden Menschen sind etliche Frauen (eine davon schwanger) und Kinder. Die Crew reagiert sofort, verteilt umgehend Rettungswesten an alle Bootsinsassen und informiert die zuständigen Behörden. Die Rise Above bleibt bei den gesicherten Booten, bis am späten Nachmittag alle Menschen von der italienischen Küstenwache übernommen und an Land gebracht werden.
In der Hoffnung, dass es allen von den italienischen Behörden übernommenen Menschen gut geht, setzen wir unseren Einsatz fort; denn dass es in diesem riesigen Suchgebiet noch unzählige Menschen gibt, die unsere Hilfe brauchen, weil sie ihr Leben riskieren müssen, um Armut, Terror, Folter oder Krieg zu entkommen, wissen wir leider nur zu gut – auch wenn es längst kaum noch Nachrichten mehr darüber von den TV und Radiosendern unserer eigenen sicheren westlichen Wohlstandswelt gibt.
Südlich von Lampedusa finden wir mehrere kleine, leere Holzboote, die vermutlich bereits durch die italienische Küstenwache abgeborgen wurden. Aufgrund ihrer Beschaffenheit gehen wir davon aus, dass sie ihre Fahrt in Tunesien begonnen haben.
Die Rise Above ist nun wieder frei für einen nächsten Rettungseinsatz, der zwei Tage später auch notwendig wird: Am 19.7. fanden wir gegen 18 Uhr ein mit 63 Personen überfülltes Holzboot. Wegen der katastrophalen Situation an Bord des manövrierunfähigen Bootes und den zum Teil sehr schlechten psychischen und physischen Zustand der Menschen ist deren sofortige Aufnahme an Bord der Rise Above zwingend erforderlich. Bis in die späten Abendstunden hinein gelingt es, alle Menschen sicher an Bord zu holen und zu versorgen. Unter unseren Gästen sind verzweifelte und erschöpfte Männer, Frauen und einige Minderjährige aus Pakistan, Bangladesh, Marocco, Syrien, Ägypten, Äthiopien und Somalia.
Einem unserer minderjährigen Gäste geht es im Laufe der ersten Nacht an Bord schlecht, er spuckte Blut. Der junge Patient und eine offenbar schwer traumatisierte Frau mit Diabetes müssen in unserem Bordkrankenhaus rund um die Uhr medizinisch betreut werden. Am nächsten Tag trifft unsere Bordärztin die Entscheidung zur Evakuierung der beiden. Die wegen des medizinischen Notfalls gerufene italienische Küstenwache nimmt beide Patienten am 21.7. in ihre Obhut.
Während die RiseAbove mit den an Bord verbliebenen über 60 Geretteten auf der Suche nach einem sicheren Hafen in Richtung Sizilien ist, bricht die Pumpe der Wasseraufbereitungsanlage. Ein Desaster, denn das Wasser an Bord wird knapp. Für die hygienische Situation an Bord eines kleinen Schiffes mit so vielen Menschen ist das besorgniserregend. Wir hoffen, dass der Vorrat an Trinkwasserflaschen reichen wird, bis wir in einen Hafen einlaufen dürfen.
Am 22.7. abends endlich die Erlösende Nachricht: Wir haben einen Port of Safety gefunden – Augusta!!
Wir erreichen um 4 Uhr früh die Küste bei Augusta und dürfen gegen 6:00 Uhr in den Hafen einlaufen. Am frühen Nachmittag können alle Menschen von Bord. Wir sind überglücklich. Eine weitere Mission der Rise Above ist erfolgreich abgeschlossen. Wir werden nach Licata zurückkehren und unser Schiff für die nächste, schon bald beginnende nächste Mission vorbereiten.
Fotos: Danilo Campailla