08. September 2021
Mittlerweile wehrt sich mein Körper nicht mehr so schlimm gegen das frühe Aufstehen und ich kann als Erfolg verbuchen, heute das erste Mal ohne Wecker aufgewacht zu sein.
Also wieder kurze Übergabe mit Felix auf der Brücke, keine besonderen Vorkommnisse, sich die Verkehrsverhältnisse ansehen und dann auf dem Chefsessel vor dem Steuerrad Platz nehmen.
Die erste Hälfte verlief die Wache, wie sie angefangen hatte es gab ein paar Nebelfelder, die sich aber mit Sonnenaufgang auflösten.
Mein technischer Counterpart diese Wache war Christian.
Vor allem zu so unchristlichen Zeiten ist jemand wie er nicht mit Gold aufzuwiegen, da ein sich sanft wiegendes und von dem sonoren Brummen der Hauptmaschine vibrierendes Boot den Körper fast automatisch wieder in einen Ruhemodus zwingt.
Dem kann man mit vielen Dingen entgegenwirken, mein Favorit aber sind Gespräche über ein gemeinsames Hobby.
Christian und ich kennen uns seit 10 Jahren – wir sind beide Mitglieder im selben Segelflugverein nahe meinem Heimatort.
Das letzte Mal, daß wir zusammen unterwegs waren landeten wir mit dem Segelflugzeug auf einem Feld weit entfernt von unserem Startplatz, wir stimmen überein, daß es diesmal besser laufen soll.
Wenn man solche Dinge Revue passieren lässt, dann ist die Sonne in Nullkommanichts aufgegangen.
Neben seinem Engagement in der Seenotrettung ist er Elektrotechnik-Ingenieur, früher auf Kreuzfahrtschiffen, zuletzt in einem Konstruktionsbüro.
Er hat seit über einem Jahr regelmäßig Zeit auf der ,,Rise Above‘‘ verbracht, um es fit für den Einsatz zu machen.
Gegen 06:00 Uhr mussten Christian und ich das Fachsimpeln über Fliegerei unterbrechen, denn es wurden mehrfach Drehzahlverminderungen der Hauptmaschine registriert.
Dem auf den Grund zu gehen war wieder Aufgabe des Technikteams, also Jim, Leon und Christian.
Als der Fehler gefunden war, wurde das Schiff gestoppt, ein nicht mehr ganz sauber durchlässiger Dieselfilter getauscht und seither schnurrt der Motor wieder ganz regelmäßig.
Wir setzten die Fahrt in Richtung Biskaya fort und Wetter sowie Wellen werden, ganz der Vorhersage des Wetterdienstes folgend, merklich rauer.
Die weiteren Vorhersagen sind der Meinung, daß sich das Wetter die nächsten Tage noch verschlechtern könnte.
Vielleicht helfen mir dann die Gespräche nicht nur, mich von der Müdigkeit, sondern auch von der Seekrankheit abzulenken.
Die nächsten Tage werden es zeigen.
Fotos: Leon Salner