Im Kaninchenbau mit Oliver Wahnich

Im Kaninchenbau mit Oliver Wahnich

08. Oktober 2020

Kolumne von Felix M. Steiner

Hallo liebe Freunde der Wahrheit, schnallt euch an, haltet euch fest, jetzt tauchen wir ganz ganz ganz tief ab in den Kaninchenbau! So oder so ähnlich starten viele Videos des ehemaligen Journalisten Oliver Janich. Janichs wirre Verschwörungsshow wird von den Philippinen in die Welt gesendet. Auf Youtube wollen dieses permanente Recherche-Abenteuer immerhin über 150.000 Menschen regelmäßig sehen und auch auf Telegram befinden sich in dessen öffentlicher Gruppe fast ebenso viele Follower. Und Janich hat uns Schreckliches anzubieten, hat Erschreckendes recherchiert oder besser: aufgedeckt. Auf seinen verschiedenen Plattformen finden sich Videos mit griffigen Titeln wie „Sie wollen eure Kinder töten und euer Genmaterial stehlen“ oder „Hat Willy Brandt ein mächtiges Pädophilennetzwerk in Berlin aufgebaut? Pharma zensiert mein Video“ oder einer meiner Lieblinge „Die Coronakrise: Eine satanische Freimaurer-Inszenierung?“. Oliver Janich ist längst kein Journalist mehr, er ist viel mehr, fast so etwas wie ein Prophet. Seine Prognosen treffen natürlich in der Regel zu. Also meist, also zumindest nach seiner Einschätzung. Wo andere noch fleißig irgendwelche ominösen Quellen zusammenbauen, ist Janich oft schon einen Schritt weiter, er verweist dann nur noch auf sich selbst und seine Videos. Quasi selbstreferenziell. Prophet Janich. Da kann man schon mal sauer werden, wenn die eigenen Videos zu wenig geklickt werden. Als der kritische Kritiker Janich die wahrste Wahrheit über den Corona-Virus verbreitete, schauten sich das wohl nur 30.000 Menschen an. Unfassbar!!!111! „Erst 30.000 Leute haben die Wahrheit über den Corona-Virus angeschaut…Das heißt: Der Rest weiß es nicht! Warum ich hier zu 150.000 Leuten spreche und die Leute sich nicht die Videos anschauen können. Also ihr habt gar keine Ahnung, was los ist, wenn ihr das Video von mir nicht gesehen habt“, kritisierte Kaninchenbau-Freund Janich sichtlich wütend. Hätte Jesus nur einen Bitchute-Kanal gehabt, der wäre bestimmt auch echt stinkig auf die faulen Schlafschafe gewesen.

Aber irgendwann war Janich mal Journalist. Die Selbstbeschreibung auf seiner Homepage ist ebenso wie das dazugehörige – etwas zu weichgezeichnete – Bild aus einer besseren Zeit. Da steht dann Janich sei „Journalist u.a. für Focus, Financial Times Deutschland, Süddeutsche Zeitung…“. Was hier offenbar jemand vergessen hat zu erwähnen: Janichs Beiträge für die meisten der aufgeführten seriösen Medien liegen Jahre zurück und heute würde wohl niemand mehr einen Beitrag des emigrierten Experten für Satanisten, Eliten, Freimaurer und gleichartige Themenbereiche veröffentlichen. Die Financial Times Deutschland beispielsweise wurde schon 2012 eingestellt. Aber das gehört wohl zur Inszenierung des aus dem „Mainstream“ Ausgestiegenen, der natürlich genau weiß, wie der Hase oder besser; das Kaninchen läuft. Janich besaß seine quasi prophetische Gabe wohl schon als Finanzjournalist. Als er vor rund 10 Jahren mit anderen Schreiberlingen und Kumpels des gleichen Metiers wegen ominöser Machenschaften in Verruf geriet, attestierte ihm der Spiegel schon 2010: „Wer sich an Janichs Tipp hielt, konnte mal wieder richtig viel Geld verlieren. Seit seiner Empfehlung ging die Aktie in den Sinkflug über…“. (https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-75159725.html). Aber das heißt ja nichts, auch Vorhersagen und Enthüllungen wollen fleißig geübt oder zumindest gegoogelt werden. Und Janich hat nicht nur auf der Google-Universität und dem Wikipedia-College studiert, er ist dort Professor! Mit Sicherheit kann ich all seine Abschlüsse nicht benennen, aber ein paar lassen sich deutlich heraushören. Dazu gehören mindestens Examina als Virologe, Epidemiologe, Pädagoge, Physiker, Architekt, Chemiker und womöglich auch Historiker. Und die Wahrheiten, die man mit dieser Akkumulation an Wissen offenlegen kann, sind erschreckend. Als wir Schlafschafe noch alle von Angst getrieben Klopapier und Reis gekauft haben, war Janich schon weiter. „Ich glaube nicht, dass er existiert der Corona-Virus. Und ich glaube auch nicht, dass es ansteckende Viren gibt“, verkündete der Prophet vom Berge Youtube. Vielmehr müssen man die Frage klären, ob die ganze Pandemie eine „satanische Freimaurer-Inszenierung“ ist. Doch Janich bleibt immer kritisch, auch seinen eigenen Inhalten gegenüber. Einleitend zum Video über die „satanische Freimaurer-Inszenierung“ gibt er sich nachdenklich: „Ich überlege noch, ob ich ein Fragezeichen in die Überschrift mache. Zur Sicherheit“. Was folgt ist ein fast einstündiges Video über irgendwelche angeblichen Freimaurer-Verstrickungen von Gates, dem Gründer der John-Hopkins-Universität und anderen. Bei Gates fehlt Janich noch der endgültige Beweis, aber einige „Researcher“ behaupten das. Und dann gibt es da noch eine „afrikanische Seite, wohl eine wissenschaftliche, da steht es auch“. Dann geht es noch um Lady Gaga, Adrenochrom, natürlich die Rockefellers und die Rothschilds. Beweisführung abgeschlossen. Und dann noch die Kinder. Die Machteliten wollen immer an die Kinder, auch im Zuge der Corona-Maßnahmen. „Das ist das Ziel: Sie wollen eure Kinder töten!“ oder mindestens „verstören“. Auch wenn noch keine soziologischen Studien vorliegen, ist Janich sicher: Viele „Antifa-Terroristen“ kommen aus „gestörten Familienverhältnissen“ oder sind „frühzeitig in die Kitas gegeben worden“. Und wenn der Staat dann die Kinder abholen will? Da kennt Janich noch einen unschlagbaren Trick: „Niemandem die Tür öffnen!“

Das klingt abstrus und ist es auch. Aber wer einem solchen Messias der Fakenews folgt und den Quatsch für die Wahrheit hält, hat sich lange aus einem demokratischen Diskurs verabschiedet. Im Kampf gegen diese Machteliten befindet man sich ja nicht mehr mit den Mitteln des Rechtsstaates. Sie wollen unsere Kinder töten! Die Radikalisierung kann kaum weitergetrieben werden. Und so sprechen auch die Worte von Oliver Janich vom August 2020 für sich: „Also viele der Leute, die da heute an der Macht sind, gehören eigentlich aufgehängt“. (https://www.zdf.de/politik/frontal-21/warum-ist-qanon-so-gefaehrlich-100.html)

Foto: Felix M. Steiner

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