Seenotrettung

FAQ MISSION LIFELINE Seenotrettung

FAQ MISSION LIFELINE Seenotrettung

Unser Einsatz im Mittelmeer.

1. Fluchtroute Mittelmeer

Weltweit sind rund 110 Millionen Menschen auf der Flucht, von denen weit über die Hälfte als Binnenvertriebene Zuflucht innerhalb ihres Herkunftslandes suchen. Über 43 Millionen davon sind Kinder und Minderjährige (Stand 12/2022). Zwischen 2018 und 2022 wurden jedes Jahr 385.000 Kinder als Flüchtlinge geboren.

unhcr.org/refugee-statistics/

Schutzsuchende Menschen, die auf verschiedenen gefährlichen Wegen versuchen nach Europa zu kommen, riskieren ihr Leben nie ohne Grund. Einige fliehen vor Konflikten, Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen und brauchen internationalen Schutz. Andere haben ihre Heimat auf der Suche nach Arbeit, Auskommen oder wegen Hungersnöten verlassen.

Nur ein Bruchteil der weltweit fliehenden Menschen sucht und findet seinen Weg nach Europa. In der Europäischen Union leben rund 450 Millionen Einwohner:innen. Die ankommenden, schutzsuchenden Menschen stellen nur einen sehr kleinen Prozentsatz der in der EU lebenden Personen dar. Zurzeit leben etwa 7 Millionen Flüchtlinge in der EU.
Statistik zur Migration nach Europa - Europäische Kommission

Menschen aus Krisengebieten, wie z.B. Syrien, könnten selbstverständlich viel sicherer und billiger per Flugzeug nach Deutschland kommen. Stattdessen zahlen sie oft alles, was ihnen noch geblieben ist an Schlepper und begeben sich in Lebensgefahr. Warum?

Der Grund dafür ist eine EU-Richtlinie mit dem unscheinbaren Namen 2001/51/EG. Demnach haften die Fluggesellschaften dafür, wenn Passagiere im Zielland wegen fehlender Papiere abgewiesen werden. Die Fluggesellschaft, mit der ein Mensch ohne Visum gekommen ist, muss dessen Rückflug organisieren, bis dahin für Unterkunft und Verpflegung aufkommen, sowie eine Strafe zahlen. Die Richtlinie, die den Zweck hat, illegale Einwanderung zu verhindern, gilt eigentlich für Asylsuchende nicht. De facto müssen aber Airline-Angestellte am Schalter beim Check-In prüfen, ob der Fluggast die Voraussetzungen für die Einreise erfüllt. Weil jeder Fehler für die Fluglinie teuer werden kann, gehen die Angestellten in den meisten Fällen kein Risiko ein: Wer kein Visum hat, darf nicht an Bord.  

Da es für die meisten Menschen in ihren Herkunftsländern wiederum keine Möglichkeit gibt, Visa zu beantragen, um auf sicherem Weg das Land zu verlassen, bleiben oft nur lebensgefährliche Routen wie der übers Mittelmeer. Legale Einreisemöglichkeiten sind kaum vorhanden. Einen Antrag auf Asyl zu stellen, ist nur in Europa möglich, nicht in Botschaften oder Konsulaten im Ausland. 

Deshalb ist eine unserer dringendsten Forderungen an die EU, sichere und legale Einreisewege nach Europa für alle Menschen zu schaffen - nicht nur für die die den richtigen Pass besitzen.

Seit 2014 sind nach offiziellen Zahlen etwa 2 Millionen Menschen über den Seeweg in Europa angekommen. Im Jahr 2023 schafften es etwa 270.000 über die westliche, zentrale und östliche Mittelmeerroute nach Spanien, Italien, Malta bzw. Griechenland und Zypern. Wie viele Menschen den Weg über das Mittelmeer aber antreten, ist statistisch nicht erfassbar. 

Seit 2014 sind offiziell 29.098 Menschen auf der Flucht im Mittelmeer ums Leben gekommen (Stand 02/2024). Ertrunkene Flüchtlinge im Mittelmeer bis 2024 | Statista. Die Dunkelziffer ist allerdings sehr hoch, da niemand genau weiß, wie viele Menschen sich tatsächlich jedes Jahr auf den Weg gemacht haben.


Situation Mediterranean Situation (unhcr.org)

2. Notwendigkeit ziviler Seenotrettung

Ja! Das ist im Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ)  im Artikel 98 klar geregelt: 

1) Jeder Staat verpflichtet den Kapitän eines seine Flagge führenden Schiffes, soweit der Kapitän ohne ernste Gefährdung des Schiffes, der Besatzung oder der Fahrgäste dazu imstande ist,

a) jede Person, die auf See in Lebensgefahr angetroffen wird, Hilfe zu leisten;
b) so schnell wie möglich Personen in Seenot zu Hilfe zu eilen, wenn er von ihrem Hilfsbedürfnis Kenntnis erhält, soweit diese Handlung vernünftigerweise von ihm erwartet werden kann;
 
2) Alle Küstenstaaten fördern die Errichtung, den Einsatz und die Unterhaltung eines angemessenen und wirksamen Such- und Rettungsdienstes, um die Sicherheit auf und über der See zu gewährleisten; sie arbeiten erforderlichenfalls zu diesem Zweck mit den Nachbarstaaten mittels regionaler Übereinkünfte zusammen.
Ganz grob gibt es zwei Agierende: den Staat, der die Seenotrettung koordiniert, und das Schiff, das die Seenotrettung am Unglücksort vornimmt.
 
Welcher Staat für die Koordination einer Rettungsaktion nach Eingang eines Notsignals verantwortlich ist, richtet sich danach, in wessen SAR-Zone sich das in Seenot geratene Schiff oder Boot befindet. Diese Zone befindet sich außerhalb des Küstenmeers, das zum Hoheitsgebiet des jeweiligen Küstenstaates gehört (bis 12 Seemeilen vom Ufer eines Staates entfernt). Sie wird vom Küstenstaat in Absprache mit seinen Anrainerstaaten definiert und der Internationale Seeschifffahrts-Organisation gemeldet. So soll sichergestellt werden, dass keine Gebiete auf dem Meer entstehen, für die kein Land zuständig ist. Jedes Land hat die Aufgabe durch seine Leitstelle die Seenotrettung zu koordinieren, so dass die Schiffe, die am schnellsten am Ort der Seenot sein können und die Kapazitäten für die Aufnahme von Schiffbrüchigen haben. Die Aufteilung des Mittelmeeres sieht im Gebiet zwischen Italien, Malta, Griechenland, Tunesien und Libyen zum Beispiel so aus:
 

Quelle: Internationale Seeschifffahrtsbehörde 
Quelle: Internationale Seeschifffahrtsbehörde

Die so identifizierten Schiffe bzw. ihre Kapitäne sind nun für die Durchführung der Seenotrettung verantwortlich, indem sie in Seenot befindliche Menschen an Bord nehmen oder mit anderen Maßnahmen aus der Notlage befreien.

Allein die unfassbar brutale Zahl von über 29.000 Menschen, die seit 2014 bei dem Versuch über das Mittelmeer Europa zu erreichen, ertrunken sind, zeigt, dass die Europäische Staatengemeinschaft hierfür die Verantwortung dringend übernehmen sollte.

Über die letzten 10 Jahre wurden jedoch im Gegenteil die operativen Kapazitäten zur Seenotrettung von staatlicher Seite stark eingeschränkt. Hatte die italienische Marinemission „Mare Nostrum“ 2013 bis 2014 noch die vorrangige Aufgabe Menschen zu retten, so wurden diese Kapazitäten mit den von der EU getragenen Nachfolgeoperationen „Triton“ und „Sophia“ zunehmend auf die Bekämpfung von Schleppern und irregulärer Migration konzentriert. Seit März 2019 beschränkt sich die Operation „Sophia“ nur noch auf die Luftaufklärung.

Von den gut 200.000 Menschen, die 2014 über das Meer kamen, wurden die meisten von Rettungsschiffen der italienischen Küstenwache aus dem Wasser geholt. Viele andere – mehr als 40.000 – wurden von Handelsschiffen geborgen, von Gas- und Öltankern, von Containerschiffen und Schüttgutfrachtern. Das Seegebiet nördlich von Libyen ist eine der meistbefahrenen Meeresstraßen der Welt und alle Seefahrenden sind gesetzlich dazu verpflichtet, zu retten.

Der Verband der deutschen Reeder veröffentlichte 2015 daraufhin einen Hilferuf. "Für so etwas sind die Seeleute nicht trainiert", schrieben die Reeder. Obwohl sie von der EU mehr Rettungsschiffe forderten, fuhren Europas Staaten die Seenotrettung zurück, statt sie auszubauen. Zugleich stieg auf dem Mittelmeer die Zahl der Flüchtlinge rasant. Genau wie die Zahl der Toten. Einige private Rettungsorganisationen versuchen, seitdem diese Lücke zu füllen und haben zusammen bis heute zehntausende Leben gerettet.

Um Schutz in Europa zu finden und um ihr Recht auf ein Asylverfahren wahrzunehmen, sind Menschen gezwungen, in seeuntauglichen Booten das Mittelmeer zu überqueren. Statt Seenotrettung staatlich zu organisieren und das Retten von Leben zu gewährleisten, schottet sich die Europäische Union weiter ab und lässt Menschen wissentlich im Mittelmeer ertrinken. Dem konnten auch wir nicht tatenlos zusehen und gründeten 2016 Mission Lifeline.

3. Mythen versus Fakten der Seenotrettung

Zunächst: die allermeisten Flüchtlingsboote erreichen Europa (zuletzt hauptsächlich Italien) auf dem Weg über das Mittelmeer zum Glück lebend und aus eigener Kraft. Deutsche Seenotrettungsorganisationen waren 2023 für weniger als 2% der Ankünfte Schutzsuchender in Italien verantwortlich:
 
 
Aber das ist nicht der einzige Vorwurf. Einem Mythos zufolge, den insbesondere auch rechtskonservative Politiker:innen gerne pflegen, würden Migranten die lebensgefährliche Reiseroute nur antreten, weil sie wüssten, dass sie am Ende von NGO-Schiffen gerettet werden. Die Operation ziviler Rettungsschiffe im Mittelmeer seien ein „Pull-Faktor“ für Massenmigration in europäische Sozialsysteme. Rechtspopulisten aus vielen Ländern greifen das auf und reden davon, den „NGO-Wahnsinn“ beenden zu wollen.
 
Dabei wird permanent und bewusst verschwiegen, dass der angeblich negative Einfluss der Rettungsschiffe bereits durch mehrere Studien widerlegt worden. So etwa von Wissenschaftlern der Oxford-Universität. Sie stellten fest, dass mehr NGO-Schiffe auf dem Mittelmeer nicht zu mehr Überfahrten von Flüchtlingen führen. Das Jahr 2014 stützt die Ergebnisse der Forscher, als Europas Staaten die Seenotrettung zwischenzeitig zurückschraubten, die Anzahl der Flüchtlinge auf dem Mittelmeer aber stieg. Stattdessen sind sogenannte „Push-Effekte“, also Faktoren, die die Menschen zum Verlassen ihrer Heimat veranlassen, Hauptursache von Flucht- und Migrationsbewegungen: Verfolgung, Gewalt, Konflikte, Menschenrechtsverletzungen, aber auch Armut und fehlende Perspektiven im Herkunftsland. Und dass als Fluchtmöglichkeit für so viele Menschen dann nur noch der oft todbringende Weg übers Mittelmeer bleibt, liegt in allererster Linie an der EU selbst. NGOs, die im Einklang mit internationalem und nationalem Recht handeln, spielen eine wichtige Rolle bei der Seenotrettung, indem sie im Gegensatz zur EU zusätzliche und dringend benötigte Rettungskapazitäten bereitstellen.
 
Fazit: Mehr Rettungsschiffe bedeuten nicht mehr Flüchtlinge. Aber weniger Rettungsschiffe bedeuten deutlich mehr Tote im Mittelmeer.
Nein. Der Vorwurf ist absurd. Die Aufgabe von NGOs ist es Leben zu retten; das Geschäftsmodell der Schlepper ist es, sich an notleidenden Menschen zu bereichern – auch wenn es deren Leben kostet. NGOs wie Mission Lifeline reagieren auf das schmutzige Geschäft der Schlepper, aber sie paktieren nicht mit ihnen. Menschenhändler/Schlepper sind und bleiben Treiber und Nutznießer humanitärer Katastrophen, indem sie einem seeuntüchtigen Boot z.B. nur so viel Sprit mitgeben, wie nötig ist, um internationale Gewässer zu erreichen.
Seenotretter haben die riskante Massenflucht über das Meer nicht ausgelöst, sondern versuchen Schlimmeres für die betroffenen Menschen zu verhindern. Die massenhaften Fluchtbewegungen übers Mittelmeer fanden bereits lange vor der Gründung der ersten Seenotrettungs-NGO statt.

Aber mal ganz konkret:

Immer wieder wird von Asylgegnern, Rechtspopulisten bis hin zu „konservativen“ Medien behauptet, dass NGO Schiffe nachts direkt an der libyschen 12 Seemeilen-Zone quasi wie am Taxistand darauf warten, dass ihnen Flüchtlingsboote direkt von Schleppern gebracht werden. 
 
 Exemplarischer Screenshot: Welt TV
 
Die NGO Schiffe wären dann extra beleuchtet, damit die Schlepperboote auf das Licht zusteuern könnten und die Menschen dann dort bequem an Bord gehen. Das ist falsch!
 
Richtig ist: Seenotfälle von Flüchtlingsbooten im Mittelmeer ereignen sich in einem riesigen Seegebiet von Lampedusa bis nach Kreta. In der Regel geschehen sie weit außerhalb des libyschen Küstenmeers (12 Meilen-Zone, siehe 2.2.). Die einfachen Schlauch- Holz- oder Metallboote können nur etwa 3 bis 4 Seemeilen pro Stunde zurücklegen. Unsere Rettungsschiffe halten in der Regel schon aus Sicherheitsgründen einen Abstand zwischen mind. 25 bis 50 Seemeilen von der libyschen Küste. Außerdem muss ein Rettungsschiff im Notfall auch sehr schnell einen weit nördlicheren Unglücksort erreichen können. Zivile Rettungsschiffe nachts an der 12 Seemeilenzone Libyens zu positionieren, wäre wegen der bewaffneten, libyschen Milizen viel zu gefährlich für die Besatzungen. Und Fakt ist auch, dass die Schiffsbeleuchtung eines 30-50NM entfernten Rettungsschiffes keinen Orientierungspunkt für Menschen auf einem Schlauchboot liefern kann. Die Sichtweite der Menschen auf solchen meist überfüllten Booten ist sehr eingeschränkt, weil sie sich nahe der Wasserlinie befinden. Für Menschen auf solch einfachsten Booten ist es ohne entsprechende Ausrüstung und nautische Kenntnisse unmöglich, ein sich bewegendes Ziel auf dem Meer zu orten und anzusteuern. 

Seit unserer Gründung setzen wir uns dafür ein, dass Menschen legale Wege zur Flucht nutzen können, damit wir gar nicht gebraucht werden und Schlepper damit kein Geschäftsmodell mehr haben. Wenn die EU ernsthaft Menschenhandel bekämpfen möchte, muss sie für sichere Fluchtwege sorgen und nicht schmutzige Deals mit Diktaturen abschließen, um flüchtenden Menschen den Schutz in der EU zu verwehren.

Menschen in Seenot werden in der Regel nur deshalb gefunden, weil sie mit einem GPS fähigen Telefon bei staatlichen Rettungsleitstellen oder bei der Organisation Alarm Phone um Hilfe rufen. Nur in extrem wenigen Fällen handelt es sich um zufällige Sichtungen, z.B. mit einem Fernglas oder dem Radar. Die Menschen rufen erfahrungsgemäß erst dann Hilfe, wenn sie sich weit von der libyschen Küste entfernt haben, aus Angst von der sog. libyschen Küstenwache gefunden und zurück nach Libyen in dortige Folterlager geschleppt zu werden. Sobald sie sich außerhalb der libyschen Einsatzzone befinden, versuchen sie aus eigener Kraft die Europäische Küste zu erreichen. Hilfe rufen die Menschen meist nur dann, weil der Motor ausfällt, es Kranke an Bord gibt, sie die Orientierung verloren haben, oder das Boot beschädigt wurde und manövrierunfähig ist.

„Generell wird von Seenot gesprochen, wenn die begründete Annahme besteht, dass ein Schiff und die auf ihm befindlichen Personen ohne Hilfe von außen nicht in Sicherheit gelangen können und auf See verloren gehen. Hierzu gehören etwa eine Manövrierunfähigkeit des Schiffes, ein Mangel an Bordrettungsmitteln, eine die Gesundheit der Passagiere oder die Sicherheit des Schiffes gefährdende Überbelegung oder eine mangelnde Versorgung der Passagiere mit Nahrung, Trinkwasser und notwendigen Medikamenten.“ 
 
 

Gemäß internationalem Seerecht sollen die aus Seenot geretteten Menschen an einen "sicheren Ort" gebracht werden. Dieser ist in den "Richtlinien für die Behandlung von auf See geretteten Personen" als Ort definiert, an dem das Leben der Überlebenden nicht mehr gefährdet ist und an dem ihre menschlichen Grundbedürfnisse, also Nahrung, Unterkunft und medizinische Versorgung, abgedeckt sind.

Im Fall von Asylsuchenden und Flüchtlingen definiert das Abkommen zudem, dass eine Ausschiffung in Gebiete, in denen "das Leben und die Freiheit der Personen […] in Gefahr wäre", vermieden werden soll. Nach Einschätzungen von Menschenrechtsexperten und dem UNHCR scheiden damit Länder wie Libyen angesichts der menschenrechtswidrigen Bedingungen für die Ausschiffung von Flüchtlingen aus. Auch Länder wie Tunesien und Ägypten sind nach Einschätzung der Organisation nicht als "sicheres Drittland" geeignet, weil die staatlichen Aufnahmesysteme überlastet seien. Damit bleiben in der Mittelmeer-SAR-Zone nur noch Europäische Häfen.
Situation Mediterranean Situation (unhcr.org)

Niemand riskiert sein Leben oder das seiner Angehörigen ohne Grund. Wenn ein Mensch die Entscheidung trifft, sich in ein überfülltes Schlauchboot zu setzen, dann deshalb, weil sein Leben offensichtlich an (bzw. in seinem) Land noch gefährdeter ist. Einige fliehen vor Konflikten, Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen und brauchen internationalen Schutz.
Menschen, die ihre Heimat auf der Suche nach Arbeit, Auskommen oder wegen Hungersnöten verlassen, erfüllen vielleicht nicht die Flüchtlingsdefinition, für sie gelten aber auch die allgemeinen Menschenrechte. Der Hintergrund der Geretteten ist unterschiedlich und nicht jeder dieser Menschen wird später als Flüchtling anerkannt werden. Dennoch haben alle das Recht darauf, dass ihr Antrag auf Asyl zumindest geprüft und ein möglicher Schutzbedarf in einem fairen Verfahren festgestellt wird. Der Wunsch, das eigene Leben selbstbestimmt und eigenverantwortlich zu gestalten und sich selbst eine Perspektive zu schaffen, ist aus unserer Sicht mehr als legitim.

Wir möchten aber deutlich machen, dass es für Seenotretter niemals darauf ankommt, ob jemand ein Recht auf Asyl hat oder nicht, wenn er oder sie von uns gerettet wird. Jeder Mensch in Seenot muss gerettet werden, das ist im Seevölkerrecht ganz klar festgehalten. Laut IMO müssen „Überlebende von Notsituationen unabhängig von ihrer Nationalität oder ihrem Status und den Umständen, unter denen sie sich befinden, Hilfe erhalten“.

Aus Seenot gerettete Menschen haben das Recht, einen Asylantrag zu stellen. Die Frage ist, wo sie das tun können. Handelt es sich um ein staatliches Schiff, etwa ein Marineschiff oder ein Boot der Küstenwache, genügt es, gegenüber einem Vertreter des Staates an Bord, etwa dem Kapitän, um Flüchtlingsschutz zu bitten. Bei privaten Schiffen ist dies allerdings nicht möglich. Erforderlich ist immer ein staatlicher Ansprechpartner.
Wenn sich das private Rettungsschiff bereits in den Hoheitsgewässern eines EU-Mitgliedsstaates befindet, also innerhalb der 12-Meilen-Zone, gelten die EU-Bestimmungen für das Asylverfahren; sofern es gelingt, gegenüber den Behörden ein Schutzgesuch zu äußern.

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