Drohnenstart von der Marwa aus

Drohneneinsatz in riesigem Suchgebiet

Drohneneinsatz in riesigem Suchgebiet

30. Mai 2023

Seit nunmehr 1,5 Jahren haben wir auch Unterstützung von SearchWing. Ein Projekt aus Augsburg und Berlin, welches sich der Entwicklung von speziellen Drohnen und entsprechender Software für die Seenotrettung widmet. Die Drohne ermöglicht es uns, ein größeres Suchfeld abzudecken. Sie startet mit einem zuvor programmierten Suchmuster. Bei Beendigung des Rasters und erfolgreicher Landung wird sie anschließend aus dem Wasser geborgen. Eine eigens dafür entwickelte Software nimmt eine erste Sichtung des Bildmaterials vor. Sie liefert eine Vorauswahl an Bildsequenzen mit potentiellen Booten, welche anschließend von der Crew verifiziert oder falsifiziert werden.

Mitte April reist die Crew der Marwa nach Teneriffa und bereitet sich mehrere Tage auf den anstehenden Einsatz vor. Neben den allgemeinen sicherheitsrelevanten Trainings wie Bekämpfung von Feuer an Bord oder die Evakuierung auf Rettungsinseln, werden auch einsatzspezifische Szenarien wie Erste Hilfe, Launch und Recovering der Drohne sowie Taktik bei Antreffen eines Bootes in Seennot trainiert. Es werden Pläne für die Notrollen und Wachschichten aufgestellt sowie täglich wechselnde Verantwortlichkeiten für Kochen und Putzen festgelegt. Dann ergibt sich glücklicherweise ein größeres Zeitfenster guten Wetters, welches ein Fahrt ins Suchgebiet zulässt. Von Teneriffa geht es zunächst in Richtung Gran Canaria und anschließend in südliche Richtung bis auf Höhe Boujdour. In diesem Bereich kreuzen wir mehrere Tage und Nächte. Hauptaufgabe ist es die See um uns herum und den Horizont permanent mit Ferngläsern abzusuchen.

Bis zu 5 mal täglich schicken wir außerdem die Drohne los. Die Schwierigkeit besteht hier zunächst darin die Drohne gegen den Wind vom hinteren Teil unseres Schiffes aus abzuwerfen während sich das Boot aufgrund der Wellen ordentlich hin und her bewegt. Nach dem Flug und Landung auf dem Wasser können wir die Drohne mit Hilfe eines Bootshakens wieder einsammeln und sicher an Bord nehmen.

Nach Rückkehr der Drohne geht es ans Auswerten der Bilder – je nach Seegang eine Herausforderung permanent auf einen kleinen Bildschirm zu starren ohne seekrank zu werden. Mit jedem Tag wird es auch schwieriger nicht die Zuversicht zu verlieren insbesondere wenn über Funk regelmäßig PAN PAN[1] wiederholt werden, von Booten die in Seenot sind oder seit mehreren Tagen spurlos verschwunden. Ein Notruf begleitet uns bereits seit dem ersten Tag unseres Einsatzes. Ein Boot mit unbekannter Zahl Migrant*innen startete am 22.04.2023 von Dakar im Senegal in Richtung der spanischen Inseln und wird nun als vermisst gemeldet. Wir überlegen, welche Route sie genommen haben können. Wir studieren die Seekarte, die Strömungen und den Wind und überlegen zu welcher Zeit sie etwa in welchem Gebiet sein müssten. Wir können nur raten, aber wir haben ein wenig Hoffnung, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein und ihnen helfen zu können. Wir setzen unsere Fahrt fort.

[1]Pan Pan ist eine Dringlichkeitsmeldung im Sprechfunkverkehr von Schiffen, Luftfahrzeugen oder anderen Fahrzeugen, die abgesetzt wird, wenn das Fahrzeug oder seine Insassen konkret, aber nicht akut gefährdet sind, und mit der die Besatzung eine bevorzugte Behandlung einfordert.

Fotos: Hermine Poschmann, Anja Taubert


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