22. Dezember 2023
Müde, schmutzig, hungrig, ohne zu wissen, was als Nächstes passieren wird. So kommt man in unserem Hub an, der nicht für uns Deutsche bestimmt ist. So kommen nach 3 Tagen aber auch wir an. Nicht alle Zimmer sind belegt, also können wir in Betten schlafen, die sonst von Geflüchteten aus Cherson oder der Ostukraine bewohnt werden.
Spät kommen wir ins Zimmer, es ist längst Nacht, wir sind fertig. Die verpackten Zahnbürsten, der Tee, die frische Zitrone und die Instant-Kascha für den ersten Morgen rühren aber so an, dass der Schlaf gar nicht kommen will.
Wir reden hier nicht von Feldbetten in einer kalten Messehalle, wie sie so viele ukrainische Geflüchtete in Deutschland erleben mussten. Im Arcadia in der Henuezka Str., draußen weht die Lifeline-Flagge, ist man wirklich willkommen. Jedes Zimmer hat Küchenzeile, Schlafzimmer und eigenes Bad. Die Bettwäsche und die Handtücher duften wie zuhause, sie sind zumeist gespendet von ukrainischen Freiwilligen. Überzogen wurden die Betten von Natalja, auch sie geflüchtet vor russischem Beschuss, aus Biloserka, Cherson. Und sie wird auch saubermachen, wenn wir wieder gehen.
Vor einer Weile sagte uns ein Bewohner, er könne die Stille in Odesa kaum aushalten. Zuhause war immer Lärm, Artilleriie-Lärm. Stille kündigte nie etwas Gutes an. Er kam nicht zur Ruhe.
Die junge Frau, die uns und allen IDPs am nächsten Tag das Essen bringt, auch sie weiß, was „RUSSKIY MIR“ bedeutet. Kein Frieden, sondern Tod. Ihr Bruder ist vor kurzem in Bachmut gestorben.
Am Abend stehen sie alle draußen, rauchen eine Zigarette. Wir stehen mit ihnen dort, schweigend.
Foto: Johannes Räbel