17. Mai 2024
Erzähl uns doch kurz etwas zu deinem Werdegang. Wie bist du dazu gekommen, Fahrräder herzustellen und was ist das Besondere an deinen Rädern und deinem Unternehmen TYPE Bike?
Ich komme aus der Fahrradstadt Freiburg im Breisgau und habe während des Studiums in Fahrradläden gejobbt. Dort habe ich auch gelernt, wie ein Fahrrad aufgebaut wird und was es dazu (handwerklich) alles braucht. Daneben war ich Mountainbiker, habe erst angefangen, meine eigenen Räder zu montieren, dann immer mehr für andere und daraus entstand die erste Manufaktur für individuelle Bikes in Freiburg. Dieses Prinzip der individuellen Anpassung setze ich heute fort und das schon für die Kleinsten, gepaart aber mit einem nachhaltigen, sozialen und umweltfreundlichen Ansatz, denn die Branche hat in diesem Bereich noch sehr viel Luft nach oben.
Was bedeutet Nachhaltigkeit für dich und was macht deine Räder nachhaltig?
Nachhaltigkeit ist für mich die ganzheitliche Betrachtung von gesellschaftlichen Herausforderungen und macht sich bei uns auf mehreren Ebenen bemerkbar: von der umweltfreundlichen Lackierung, der Montage in Berlin über den Aufbau europäischer Lieferwege, unserem vielfältigen sozialen Engagement und der Reduktion des ökologischen Fußabdrucks bis hin zur Selbstverpflichtung, unsere gesamte Arbeit entlang der 17 Ziele der UN-Charta 2030 auszurichten. Dafür wurden wir gerade auch von der deutschen Sektion der UN ausgezeichnet.
Was macht für dich ein gutes Fahrrad aus?
Gut einerseits im Sinne von wertigen Materialien ohne Kunststoffanteil, denn das wird auf Dauer porös und bricht. Und dass es für den persönlichen Einsatzbereich auch wirklich geeignet ist. Gut andererseits aber im stärkeren Hinterfragen der Wertschöpfungskette: Wo kommt das Fahrrad eigentlich her? Unter welchen Bedingungen wurde es lackiert und montiert? Fahrräder aus Indonesien oder Bangladesch sind oft mit Kinderarbeit verbunden. Auch kann ich mich fragen: Ein Fahrrad, das hier im Verkauf 299,- Euro kostet, ist das wirklich gut? Nachhaltig ist es sicher nicht!
Was ist eigentlich ein Single Speed Bike und wem würdest du diesen Fahrradtyp empfehlen?
Der Name verrät es schon: Ein Singlespeed hat nur einen Gang und es ist damit leichter und auch sehr wartungsarm. Die Sitzhaltung wie auch die Übersetzung der „Edition x“ für MISSION LIFELINE wurde dabei eher sportlich gewählt. Ich empfehle es allen Menschen, die eher in flachem Gelände unterwegs sind, schnell Geschwindigkeit aufnehmen und damit vielleicht eher sportlich unterwegs sein wollen oder damit ihre Fitness trainieren möchten.
Was hat dich motiviert, dich an den Zielen der UN-Charta 2030 zu orientieren?
Zu den 17 Zielen kam ich eigentlich über eine Recherche der ZEIT Online Ende 2019 (*). Es kam heraus: Eine boomende (und gar nicht billige) Kinderfahrradmarke aus Österreich hat ihre Räder in Kambodscha von Kindern montieren lassen – der Umsatz hatte sich in der Zeit aber verdoppelt. Den Menschen hier war diese Arbeitsbedingungen offenbar egal und es ist einfach erschreckend, wie gleichgültig wir manchmal sein können. Kinder und Erwachsene sollten heutzutage Dinge stärker hinterfragen und Entscheidungen durchaus nach den 17 Zielen (**) fällen. Dieser Weg bedeutet aber auch, sich mehr informieren zu müssen und (Kauf)Entscheidungen besser abzuwägen – das kann manchmal weh tun. Wir als Familie praktizieren das mittlerweile und achten sehr darauf. Und das ist auch zur Mission von TYPE Bike geworden.
Wie bist du auf die Idee gekommen, MISSION LIFELINE International zu unterstützen?
Zu unserem sozialen Ansatz gehört einerseits, etwa die gemeinnützige Organisation PINEL in Berlin oder eine Initiative für kleine Erwachsene mit passenden Fahrrädern zu unterstützen, andererseits auch immer wieder Projekte durch Kollaborationen anzubahnen, u.a. für die Ukraine-Hilfe-Berlin e.V.
MISSION LIFELINE hatte ich mit der Seenotrettung schon länger im Blick und so gesehen ist es in diesem Jahr unser Herzensprojekt. Ich bewundere das vielfältige Engagement für Menschen in Not, möglich auch durch so viele freiwilliger Helfer*innen!
Wie genau sieht diese Unterstützung aus? Was machst du?
Die Idee unseres individuellen Ansatzes und die Veredelung in Handarbeit bis ins Detail erlaubt es uns, ganz außergewöhnliche Fahrräder montieren zu können. In diesem Fall ein sehr leichtes Fahrrad in weiß mit einem gemufften Stahlrahmen aus Italien in umweltfreundlicher Lackierung und leuchtend rot eloxierten Aluminium-Parts. Von jedem Verkauf gehen 100,- Euro an Spende an euch. Neben dem Fahrrad gibt es noch eine Art „Zertifikat“ und ein Goodie-Bag von MISSION LIFELINE als Dankeschön.
Fahrräder und Seenotrettung liegen thematisch scheinbar weit auseinander, oder?
Scheinbar ja, bei näherer Betrachtung aber gar nicht. Mit dem Fahrrad fuhren Frauen vor etwas mehr als 100 Jahren bei uns gesellschaftlichen Zwängen davon, auch heute ist es Symbol gegen Unterdrückung in vielen Ländern der Welt. Denn Fahrrad fahren steht für Freiheit oder um es mit den Worten des Ethnologen Marc Augé zu sagen: „Auf eure Räder, um das Leben zu ändern!“. Denn wer Fahrrad fährt, erfährt Freiheit, Unabhängigkeit und kann aktiv ein Zeichen setzen! In diesem Fall für MISSION LIFELINE und die 17 Ziele.
Wenn du einen Wunsch für die Zukunft frei hättest, wie würde er lauten?
Frieden & Freiheit
Und zum Abschluss: Erzähl uns von deiner besten Radtour.
Es gibt für mich nicht die beste Radtour, es ist eher diese Sehnsucht: Dieses Gefühl, an einem Sommertag bei klarer Luft im frischen Morgentau allein mit dem Rad in den Schwarzwald einzutauchen – das vermisse ich hier in Berlin schon sehr.
(*) Quellennachweis:
https://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2019-12/woom-fahrraeder-kambodscha-arbeitsbedingungen-christian-bezdeka
(**) Quellennachweis:
www.17ziele.de
Ob Mittelmeer, Ukraine oder Afghanistan – wir unterstützen Menschen auf Flucht. Nur durch deine Hilfe können wir unsere Rettungseinsätze realisieren. Jeder Betrag bewirkt, dass wir Menschen in Seenot und aus anderen lebensbedrohlichen Situationen retten können.