27. Dezember 2023
Es könnte so ein Idyll sein. Felder und Flüsse rechts und links, kleine Seen, sanfte Hügel, Bauernhäuschen. Fasane flitzen über die Straße, sorglos. Aber die Felder sind vermint, die Straßen voller tiefer Panzer-Rillen, die Seen gab es erst, nachdem die Russen den Kakhovka-Damm gesprengt haben. Die Zäune der Bauernhäuser zeigen schorfige Löcher, wo Schrapnelle einschlugen, und schwarze Ränder, wo das Wasser stand.
An der Tür zum Kartoffelkeller steht „люди“, Menschen. Sie haben sich dort versteckt, in der Zeit der Besatzung und der Kämpfe. Sie sind immer noch da. Ihre Kinder und Enkel sind an der Front oder geflohen. Die Russen sind weg, aber nicht weit. Kommen sie wieder?
Die Leute überleben irgendwie, von ihren Vorräten, dem eingelegten Gemüse und dem Honig, der Marmelade, die sie im Sommer gemacht haben. Bauern kommen schon durch, denkt man.
Toilettenpapier gibt es aber zum Beispiel keins, und auch keine Zeitung, die man zerreißen könnte. Die Felder können nicht bestellt werden, nichts geerntet. Sie kümmern sich trotzdem um die Tiere, um Hunde und Katzen, auch um die der Geflohenen. Vor allem aber sind sie allein.
Große Hilfsorganisationen kommen nicht in diese kleinen Dörfchen. Und die Menschen kommen nicht zu den Verteilstationen. Hoffnungslosigkeit und Resignation sind die Folge. Die meisten aber kämpfen.
Wir wollen ihnen allen helfen! Zweimal im Monat fahren wir in so ein Dorf. Wir bringen Lebensmittel, wir bringen Toilettenpapier, Damenbinden. Ja, Rattengift. Aber auch ein Weihnachtsbrot.
Nichts, gar nichts kann ersetzen, einem Menschen in Not etwas Wärme zu geben. Manchmal schaffen wir es.
Foto: Johannes Räbel