Marik, Krankenschwester in Moria

Marik, Krankenschwester in Moria

Ein unbegleiteter Minderjähriger mit einer selbst zugefügten Wunde in der Klinik in Moria.

09.07.2020

“Im Dschungel von Moria befinden sich etwa vierhundert unbegleitete Kinder, hauptsächlich Jungen. Wenn sie Glück haben, leben sie in einer Gruppe mit anderen unbegleiteten Minderjährigen zusammen, die sich füreinander einsetzen. Andere Kinder sind allein, sie gehen von Zelt zu Zelt, in der Hoffnung, dass sie dort eine Nacht schlafen dürfen. Die Jungen bekommen kein Zelt, weil es illegal ist, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ohne Betreuung zurückzulassen. Da es aber nicht den Platz gibt, um sie alle betreut unterzubringen, werden sie allein gelassen.
Nicht bei ihrer Familie zu sein, ist die größte Last, die diese Jungen zu tragen haben. Sie sind alle auf sich allein gestellt, entweder weil ihre Familienmitglieder gestorben sind oder weil sie auf dem Weg nach Europa getrennt wurden. Erinnern Sie sich an die Zeit, als Sie ein Teenager waren? Stellen Sie sich diese verwirrende Zeit vor, ohne jegliche Stabilität, ohne Schule, ohne jemanden, der Ihnen sagt, was Sie tun oder lassen sollen oder der Sie irgendwie anleitet. Teenager brauchen jemanden, der sie als Person sieht, der an sie glaubt und sie ermutigt. Stattdessen werden sie wie Menschen zweiter Klasse behandelt und regelmäßig an den Toren von der Polizei angeschrien. Wenn man ständig angebrüllt wird, verliert man irgendwann die Hoffnung auf die Menschen.

Ich sehe so oft Jungen, die die Hoffnung verloren haben. Depressionen gibt es sehr häufig unter den unbegleiteten Kindern. Einige der Kinder zeigen ihre Emotionen und Gefühle anderen, viele nur sich selbst gegenüber. Unbegleitete Minderjährige, die sich selbst Schaden zufügen, sind extrem häufig anzutreffen. Die meisten von ihnen haben sich die Arme aufgeschnitten, manche sind sogar suizidgefährdet oder psychotisch. Sie haben den Glauben an die Menschen verloren und hoffen kaum noch, dass es besser wird. Diese Zustände stehen in direktem Zusammenhang mit dem Stress in Moria. Die Kinder brauchen Pflege, Zuwendung und Schutz. Kinder so zu behandeln wie hier, ist nirgendwo sonst in Europa legal“.

Foto: Tessa Kraan

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