30 Mai 2020
Im Camp gibt es eine Schule, die von den Geflüchteten selbst gebaut und betrieben wird. In den vergangenen Tagen haben wir viel Zeit dort verbracht. Wir durften beim Unterricht zusehen und hatten Gelegenheit mit Lehreinnen und Schülerinnen zu sprechen. Wir werden hier davon berichten.
Die Schule hat 500 Schülerinnen, davon 350 Kinder und 150 Erwachsene. Bisher wird Englisch- und Zeichenunterricht angeboten. Alle Lehrerinnen sind Freiwillige aus dem Camp. Die Schule wurde am 21. April als Privatinitiative eröffnet und war ursprünglich für 40 Schülerinnen gedacht. Der Bau dauerte 2 Wochen. Er wurde aus Privatgeldern vorfinanziert und von Camp-Bewohnern ausgeführt. Weil es über 600 Bewerbungen gab, wurde der Verein Tolou ins Leben gerufen, um sich um die Finanzierung zu kümmern. Aus Kapazitätsgründen konnten leider nur 500 Schülerinnen aufgenommen werden. Der Unterrichtsinhalt wird weiter ausgebaut. Heute gab es ein Treffen mit einer Frau aus Algerien, die Philosophieunterricht in Französisch geben möchte. Das soll in den nächsten Tagen beginnen. In Planung sind weiterhin Erste Hilfe Kurse, Martial Arts, Schwimmunterricht und Selbstverteidigungskurse für Frauen. Der Fokus liegt auf der Selbstorganisierung von Geflüchteten.
Elahe (14), die jüngste Lehrerin in #Moria: „My name is Elahe I’m fourteen years old and I’m an English teacher in the school for about three months. Before I started, I had no experience in teaching at all. So I watched other teachers very carefully to learn how to behave, react, and what to say when you’re a teacher. There are about fifty children in the class. Because the ages are very different, I have to behave differently with every child. English I have learned a couple of months before in another school that was set up by a resident of the camp. Sadly it had to close down because the area where the school stood, was being rebuilt. That’s why we’ve started this new school. I really love to see the children learn although we don’t push them too much. It is not easy to learn in this environment but every little bit is important.“
Shierpadsha (45) aus Afghanistan, Provinz Kapisa, seit 7 Monaten in #Moria:
“Ich bin Tischler. Ich habe die Schule Tolou hier in der Nachbarschaft gebaut. Meine Tochter Elahe ist 14 Jahre alt und arbeitet dort als Lehrerin. Auch Shahab mein 15jähriger Sohn unterrichtet da. Seit dem die One Happy Family abgebrannt ist, hatten wir keine Schule mehr und da haben wir hier eine in der Nachbarschaft gebaut. Zwei Wochen haben wir gebraucht und ich war der Vorarbeiter, weil ich Tischler bin und die Nachbarschaft hat mitgeholfen.Die Situation ist trotzdem sehr schrecklich. Vor zwei Nächten gab es einen Kampf wegen Wasser. Fünf Leute wurden niedergestochen. Die Polizei hat hier nichts im Griff. Es gibt keine Sicherheit. Es gibt zwei Möglichkeiten: entweder lassen sie uns gehen oder sie verbessern die Situation hier. Wir haben den roten Stempel in unserem Ausweis und können deswegen die Insel nicht verlassen. Bisher hatten wir kein Interview und können deshalb nicht von hier weg.Ich bin aber sehr stolz auf meine Tochter und meinen Sohn, weil sie Lehrer sind und auch auf mich, weil ich die Schule mit gebaut habe und hier auch selbst eine neue Sprache lerne. Seitdem wir die Schule gebaut haben, gibt es auch weniger Kämpfe hier in der Nachbarschaft. Das sollte man mehr fördern. Weil die Leute dann einen Plan haben und etwas machen und nicht mehr einfach so rumhängen.“
Fotos: Jan Theurich