15. November 2022
Seit über einem Jahr setzen wir uns für die Rettung Schutzsuchender ein, darunter überwiegend Ortskräfte, die keine Aufnahmezusage erhalten. Ja, wir haben hunderte Menschen aus Afghanistan evakuiert. Aber die überwiegende Mehrheit derjenigen, die vor der Machtübergabe an die Taliban für die Bundesregierung gearbeitet haben, warten bis heute auf eine Reaktion. Ihre Hilferufe werden weitestgehend ignoriert. Und die, die doch eine Antwort deutscher Ministerien erhalten, müssen fast immer lesen, dass sie nicht aufgenommen werden sollen. Angesichts des Verfolgungsdrucks, den die Taliban gegenüber den Ortskräften entfalten, sind diese Absagen potentiell Todesurteile.
Vor der letzten Bundestagswahl versprachen die Grünen, alle Ortskräfte zu retten. Jetzt wollen die Minister*innen und ihre Partei davon nichts mehr wissen. Bei SPD und FDP sieht es nicht anders aus. Das Ministerium von Svenja Schulze verschickt die Ablehnungsschreiben manchmal im Minutentakt. Das ist also der Dank des Entwicklungshilfeministeriums für jahrelange gefährliche Arbeit in Afghanistan. Es trifft Frauen wie Männer – unabhängig von ethnischer Herkunft oder Anstellungsdauer. Sie alle werden von den Taliban verfolgt, einige Taliban-Gouverneure stellen Todesurteile aus, den Ortskräften bleibt nichts anderes, als in Verstecken deren Vollstreckung zu fürchten.
Die Bundesregierung hat großspurig ein „Bundesaufnahmeprogramm“ angekündigt. Von der Umsetzung sehen wir nicht viel. Selbst wenn dieses Programm irgendwann funktionieren sollte, die Schutzpflichten der Bundesrepublik gegenüber den Ortskräften können dadurch nicht erfüllt werden. Nach unseren Schätzungen sind ca. 30.000 Ortskräfte der Bundesregierung plus Familien noch in Afghanistan. Weil die Ministerien verhindern wollen, dass afghanische Ortskräfte nach Deutschland kommen, haben wir Anwälte engagiert, damit Betroffene klagen können. Nach über einem Jahr in Verstecken und ohne Einkommen sind die Menschen darauf angewiesen, dass wir sie unterstützen. Wir erhoffen uns durch die Klagen eine Signalwirkung an die Ministerien. Über Unterstützung für die Prozesse freuen wir uns!
Foto: Philipp Breu