20. Dezember 2023
Unsere Aufgabe ist die Rettung von Menschenleben. Vor Krieg, auf der Flucht, und in der Ukraine auch: Im Krieg.
Was es bedeutet, im Krieg zu leben, das können wir nicht ermessen. Die Menschen in der Ukraine konnten das auch nicht, jetzt müssen sie es – und wir haben gelernt, ihnen zuzuhören und sie zu unterstützen.
So haben wir Yuri kennengelernt, auch er binnenvertrieben. Wie so viele wohnt er im Plattenbau. Ohne Rollstuhl ist er nicht mobil, und bei Stromausfall geht kein Fahrstuhl. Ein Jahr lang hat er so sein Zimmer nicht verlassen können. Immerhin Strom gibt es jetzt wieder, und mit unserem Rollstuhl hat Yuri seinen ersten Spaziergang seit Ewigkeiten gemacht. Unvorstellbar einfach, ihm zu helfen – wenn es denn jemand tut. Es gibt so viele wie ihn.
Wir haben auch unserem Team in Odesa zugehört. Einige sind selbst IDP, kommen aus dem Oblast Cherson. Sie kennen sich aus, haben die Kontakte in die Dörfer. Zu den Kliniken und Gemeindezentren. Sie haben Freunde, die an der Front kämpfen. Sie haben alle selbst Menschen evakuiert, aus den besetzten Gebieten. Sie haben bombardierte Intensivstationen gesehen und zerschossene Einkaufszentren. Sie sehen die Schrapnell-Löcher in Bauernhäusern jeden Tag. Deshalb wissen sie: Eine gut ausgerüstete Ambulanz ist nicht bloß ein Auto, sie rettet Leben: Vielen Menschen, die für Vitalii, Mascha, Natalja und Maksym keine Zahlen sind, sondern Namen haben.
Für sie wollen wir da sein. Deshalb haben wir einen dritten Krankenwagen ausgestattet. Deshalb haben wir Rollstühle und Rollatoren gesammelt. Deshalb haben wir Wärmepads und chirurgisches Material beschafft, und deshalb haben wir auch Erkältungsmedikamente besorgt. Deshalb spenden wir unser Ultraschallgerät. All das ist auf die Reise nach Odesa gegangen. Davon erzählen wir euch beim nächsten Mal.
Es ist nicht egal, was dort passiert. 2000 km weit weg und doch mitten unter uns.
Foto: Johannes Räbel