Es ist nicht die Zeit für ein „Aber Israel hat doch auch…“

Es ist nicht die Zeit für ein „Aber Israel hat doch auch…“

05. November 2023

Kolumne von Ruprecht Polenz

Donnerstag jährt sich die Reichs-Pogromnacht zum 85. Mal. Am 09. November 1938 wurden mehr als 1.300 Jüdinnen und Juden ermordet. 30.000 wurden verhaftet oder in Konzentrationslager verschleppt. 1.406 Gottes- und Gemeindehäuser wurden zerstört und gingen in Flammen auf. Mehrere tausend jüdische Geschäfte wurden geplündert und verwüstet.

Angestachelt und unterstützt vom nationalsozialistischen Staat. Die Polizei griff nicht ein. Die Gesellschaft schaute gleichgültig weg oder feuerte die Täter sogar an. Am Ende von Ausgrenzung und Gewalt stand Auschwitz.

Wie muss es heute auf Jüdinnen und Juden in Deutschland wirken, wenn ihre Häuser wieder mit Davidsternen beschmiert und markiert werden? Wenn es versuchte Brandanschläge auf Synagogen gibt, wie in Berlin. Geht die Ausgrenzung wieder los? Was kommt als nächstes? Sind unsere Familien und Kinder noch sicher in Deutschland?

Anders als 1938 gibt es überall in Deutschland Solidaritätskundgebungen. Der Bundespräsident spricht vor dem Brandenburger Tor zu über 50.000 Menschen. Die Polizei schützt unsere jüdischen Gemeinden. An vielen Rathäusern weht die israelische Flagge, um die Verbundenheit mit den Partnerstädten und Israel zum Ausdruck zu bringen.

Terror lässt sich NIE rechtfertigen

Denn der Terrorangriff der Hamas ist durch nichts zu rechtfertigen. Terror muss immer und unter allen Umständen geächtet werden. Er läßt sich nicht kontextualisieren in einem Sinn, der ihn weniger schrecklich machen würde.

1.400 Männer, Frauen, Kinder, Babys, Alte, Kranke. Ermordet von der terroristischen Hamas. Weil sie Jüdinnen oder Juden waren. 240 verschleppte, gequälte und gefolterte Geiseln, auch darunter Frauen, Kinder, Alte und Kranke.

Es ist jetzt nicht die Zeit für ein „Aber Israel hat doch auch …“.

Israel hat das Recht, die Hamas dauerhaft so auszuschalten, dass sich solche Terrorangriffe nie mehr wiederholen können. Israel muss und wird alles dafür tun, die Geiseln zu befreien.

Es ist die Schuld der Hamas, wenn durch die israelischen Gegenangriffe Palästinenserinnen und Palästinenser im Gaza-Streifen sterben. Ohne den Terrorüberfall auf Israel wären sie noch am Leben.

Die Hamas versteckt ihre Hauptquartiere und Stützpunkte in und unter Krankenhäusern, Schulen und Kindergärten. Sie versteckt sich hinter Zivilisten, Frauen, Kindern und Kranken, um aus dieser Deckung heraus Israel anzugreifen. Bis heute fliegen jeden Tag hunderte Raketen Richtung Israel.

Israel versucht trotzdem, möglichst keine Zivilisten zu treffen. Es ist die Terror-Strategie der Hamas, die das planmäßig zu verhindern sucht. Denn die Bilder zerstörter Schulen helfen ihr im Propaganda-Krieg.

Israel führt Krieg gegen die Hamas, nicht gegen die Palästinenser. Deshalb muss so viel humanitäre Hilfe in den Gaza-Streifen gelangen können, wie irgend möglich.

Hamas hat es in der Hand, den Krieg zu beenden. Sie müßte nur die Geiseln freilassen und die eigenen Kampfhandlungen einstellen. Aber damit ist leider nicht zu rechnen. Der fanatische, ideologische Wille, Israel zu vernichten, kennt auch keine Rücksicht auf die eigene palästinensische Bevölkerung.

Den Krieg gewinnt, wer seine politischen Ziele erreicht

Sieg oder Niederlage ist nicht nur eine militärische Frage. Den Krieg gewinnt, wer seine politischen Ziele durchsetzt. Das wußte schon Clausewitz.

Politisches Ziel der Hamas ist die Vernichtung Israels als jüdischer Staat. Deshalb der Terrorangriff zu einem Zeitpunkt, wo sich über die sog. Abraham-Accords arabische Staaten wie die Vereinigten Arabischen Emirate und Marokko mit Israel zu versöhnen begannen. Auch die Gespräche über eine Annäherung zwischen Saudi Arabien und Israel waren weit gediehen.

Das alles liegt jetzt wieder auf Eis. Hamas ist seinen politischen Zielen näher gekommen.

Das politische Ziel Israels ist es, als demokratischer, jüdischer Staat in Sicherheit und Frieden mit seinen arabischen Nachbarn leben zu können. Die Abraham-Accords hatten Israel diesem Ziel näher gebracht.

Letztlich sind die israelischen Ziele nur über eine Zwei-Staaten-Lösung zu erreichen, die so aussehen muss, dass sie auch für die Palästinenser attraktiv ist. Nicht nur im Vergleich zum jetzigen Zustand, sondern auf Dauer.

Natürlich steht jetzt der Krieg im Vordergrund, die Sorge um die Geiseln und die eigenen Soldaten. Das Bestreben, eine Ausweitung des Krieges zu vermeiden. Israel kämpft um seine Existenz. Da ist erstmal wenig Platz für Gedanken nach dem „danach“.

Aber je eher Israel es schafft, eine realistische und glaubwürdige Vision für die Zukunft vorzulegen, die die eigene Existenz und Sicherheit nicht nur militärisch, sondern auch dadurch sichert, dass diese Vision auch für die Palästinenser attraktiv und erstrebenswert ist, desto besser. Denn diese Vision könnte dabei helfen, eine Ausweitung des Krieges zu verhindern und den Gaza-Krieg zu beenden.

„Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist“, hat David Ben-Gurion gesagt, Israels erster Ministerpräsident.

Foto: Kai-Uwe Heinrich TSP

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